Rudolf Kündig

Rudolf Kündig

Kündig-Hagenbach, Rudolf, (1830–1878), von Basel, Sohn des Basler Pfarrers Eucharius Kündig. 1848–52 Studium der Theologie in Basel, Göttingen (Reisegefährte von Jonas Breitenstein und Martin Grieder) und Bonn, dann Vikar in Basel beim Obersthelfer (zweiten Münsterpfarrer) Johannes Linder, wo ihm besonders die Kinderlehre und der Konfirmandenunterricht am Herzen lagen. 1854–64 Pfarrer in Arisdorf BL, 1864 Wahl zum 3. Helfer an St. Theodor in Kleinbasel. Mitglied des Kirchenrats und Präsident der Inspektion der Basler Primarschulen. Schon von schwerer Krankheit gezeichnet, publizierte er 1878 unter dem Pseudonym R. K. ‹Hundert Räthsel›, eine Sammlung von Charaden bzw. Silbenrätseln. Kündig ist ein eifriger Berichterstatter über das Leben der Schweizer Studenten in Göttingen und hält Breitenstein auf dem Laufenden.

Basel den 11ten Oct. [1851]

Mein lieber Freund!

Zu den 25 Thlr., die ich Dir hiemit durch Wölfflin’s Güte mit bestem Danke zusende, muß ich doch wohl einige Zeilen hinzufügen, die zugleich dem l. Grieder gelten sollen. Obschon ohne Maaß beschäftigt und immer beinahe auf dem Straßenpflaster bin ich doch viel im Geist in eurem Kreise, sei es bei euch Zweien od. bei Stehlin im Schachzimmer oder gar in Weenden, meine Kegelleidenschaft befriedigend. Ob mir je solche herrliche Tage noch zu Theil werden, wie die in G. verlebten, glaube ich sicher verneinen zu müssen. Insbesondere hat mich Grieder’s l. Brief fast mit Heimweh erfüllt. [...]

Ich denke, Wölfflin werde euch ausführlicher über Alles, was euch interessiert, berichten. Wieland und F. Burkhardt sind seit einigen [Tagen?] bereits auf der Reise nach Berlin. Vest scheint leider sich als der „Alte Sünder“ gerieren zu wollen. Es ist schade, daß er sein Glück so wenig einsieht. Die Professoren halten ihn allgemein für gebessert und ich habe dem Stachel insbes. viel über seinen Eifer und Fleiß weisgemacht. (Vgl. Lücke’s Ethik § 97). Im Herbst 1852 werden Stähel., Fritzlar, Seiler auch das theol. Examen machen, was mit der Probepredigt bis Ende Nov. gehen kann. Ich denke diesen Winter hindurch recht fleißig zu sein, wozu, wie ich höre, St. und Fritz. ebenfalls auf’s Ernstlichste entschlossen sind. Ob wir in Einem Hause wohnen, weiß ich nicht, es wäre aber im Interesse unserer Repetitionen zu wünschen. Ob Schenkel mit uns [nach Bonn] reist, wirst du v. W. vernehmen. In jedem Fall werden wir eine recht gemischte Clique bilden und Schenkel, der conservativer ist, als ich geglaubt, wird seltsam mit dem Orthodoxen Stähelin contrastieren. Auf unsere theologischen Disputationen und grimmigen Fehden freue ich mich innigst und schon höre ich im Geiste Fritzlars mystische Auseinandersetzung; Schenkel’s klare logische Entwicklung und Kritik und Stähelin’s beredte, poetische Expectoration, wobei meiner Wenigkeit keine andere Rolle bleiben wird, als die Sache in’s Spaßhafte zu ziehen. Unlängst war ich wieder bei Hagenbach, der mich mit Empfehlungen und Grüßen nach Bonn überschüttet hat. Ich kann nicht sagen, wie freundlich er war und wie entschieden er mit der theologischen Sprache, die er sonst gern etwas verhüllt, herausrückte. Er ist eben der alte liebe Hgbch, in seiner Richtung und in seinem Character der Einzige, ein schönes Pendant zu dem theuren alten Lücke. Bei Riggenbach war ich nicht, ich glaube aus Demonstration; er ist aus einem Hegelianer ein Pietist geworden. Hagenbach beklagte sich etwas über Hoch und G. Heusler, die er nach Göttingen oder Bonn schicken will, welche aber nach Erlangen wollen. Doch braucht ihr das nicht weiter zu sagen. An Schenkel soll Hagenbach ziemlich wehmüthig geschrieben haben über seine, immer mehr isolierte Stellung. Du siehst, welche Gelegenheit für einen jungen Theologen da ist, seiner Zeit Opposition zu machen.

Ob ich an Weihnachten nach G. kommen werde, kann ich natürlich jetzt noch gar nicht bestimmen; ich hoffe es aber. Für’s Erste aber hoffe ich, daß Dich und den l. Martin diese Zeilen wohl und gesund antreffen mögen und bitte Euch beide, was eine Epistel v. Bonn aus betrifft, geduldig zu sein. Grüßet mir freundlichst K. Stehlin, dem W. auch einen Brief von Hagenbach bringt und Lüders. Der Nachtrock G’s ist horribel groß; es könnte fast ein Elephant sich damit bedeken; kaum haben wir ihn in den Nachtsack gebracht, für den ich Dir ebenfalls bestens danke. Ehrenfeuchter will ich von Bonn aus schreiben; grüße ihn indessen herzlichst, wenn Du ihn siehst, ohne daß Du ihm zu sagen brauchst, daß ich Dir geschrieben.

An Karoline ebenfalls Gruß. (À propos: Was macht Mähly und Frln. Victorine Bachmeister?) Zu Bennwyl ist Cand. Preiswerk Pfr., in Arisdorf Schwarz soviel als schon gewählt –

Lebe wohl und vergiß nicht Deinen
Rud.