Freiwillige Basler Armenpflege

1870 bewarb sich Jonas Breitenstein als Sekretär der Freiwilligen Armenpflege, nicht weil er eine ‹neue Herausforderung› suchte, sondern weil er als Pfarrer in Binningen zu wenig verdiente und sich um die Ausbildung seiner Kinder und die finanzielle Absicherung seiner Familie grosse Sorgen machte.

Die Freiwilligen Armenpflege war im gleichen Jahr aus der Fusion von Krankenkommission und Arbeitsanstalt hervorgegangen. Sie wurde rasch zur bedeutendsten Institution der verschiedenen privaten Hilfsorganisationen, bewirkte eine Zentralisierung und grössere Effizienz privater Wohltätigkeit. Die Mitglieder des Vereins verpflichteten sich zur Entrichtung eines regelmässigen Beitrags oder zu anderen Leistungen zur Pflege der Armen. Die Statuten schrieben vor, dass die Leistungen des Vereins für das Armenwesen freiwillig dargebracht werden sollten, «unter Vermeidung alles dessen, was bei den Unterstützungsbedürftigen zu dem Gedanken einer Berechtigung führen könnte». Freiwillige private Sozialfürsorge, ohne obrigkeitlichen Zwang, vielmehr dem sittlichen Verantwortungsgefühl der Wohlhabenden gegenüber den Bedürftigen entspringend, war das bürgerliche Ideal altbaslerischer, pietistischer und patriarchalischer Tradition. Die Stadt wurde in 135 kleine Armengebiete aufgeteilt, die entsprechend den Grenzen der Kirchgemeinden in acht Armenbezirke zusammengefasst waren. Den Vorsitz in den Armenbezirken führte in der Regel der Hauptpfarrer. Die praktische Fürsorgearbeit besorgten freiwillige Helfer, die von der Leitenden Kommission gewählt wurden. Die Armenpfleger wohnten im zur Betreuung zugeteilten Armengebiet. Die Bezirkspflege untersuchte, protokollierte, genehmigte oder wies ab. Jeder Fall wurde genau untersucht, da ‹Liederliche›, ‹Arbeitsscheue› und ‹Berufsbettler› von jeder Unterstützung ausgeschlossen waren. Als Fachmann und einziger Besoldeter stand Jonas Breitenstein als Sekretär der Leitenden Kommission den Bezirksarmenpflegern beratend bei. Seine Hauptaufgabe bestand darin, die heimatlichen Armenbehörden zu einer Beisteuer an die Unterstützungsaufwendungen heranzuziehen. Die Rückvergütungen durch die Bürgergemeinden erreichten aber lediglich einen sehr geringen Umfang. Zudem beaufsichtigte der Sekretär die verschiedenen Institutionen des Vereins wie die Suppenanstalt und die Werkstatt Silberberg.

Mit der Kantonsverfassung von 1889 wurde dem Staat in Basel erstmals die Aufgabe zugewiesen, auch im Armenwesen Mitverantwortung zu übernehmen. Zwar blieb die Armenpflege Sache der Bürgergemeinden und der freiwilligen Tätigkeit Privater, jedoch ausdrücklich «unter Mitwirkung des Staates». Die konkrete Ausgestaltung erfolgte im Armengesetz vom 25. November 1897. Institutionell wurde die bereits bestehende Freiwillige Armenpflege in Allgemeine Armen-pflege umbenannt. Damit wurden erstmals die Mitwirkung und die finanzielle Garantie des Staates für die Armenpflege der Niedergelassenen gesetzlich verankert. Quelle: Erläuterungen zum Archiv der Allgemeinen Armenpflege (PA 889) im Online-Katalog des Staatsarchivs Basel-Stadt

Bericht über die Suppen-Anstalt Vom Januar bis Ende März 1871 verteilte die Suppenanstalt 27'019 Portionen Suppe. 8414 Portionen wurden für je 10 Rappen verkauft, 184 Portionen waren Teil des Lohnes (Karrenzieher, Holzausteiler, Werkstätte Silberberg usw.) und der Rest wurde gegen einen Bon ausgestellt von den Armenpflegern ausgeteilt. Die Ausgaben der Suppen-Anstalt für Lebensmittel, Kochlohn und Lokalmiete betrug Fr. 3378.–, die Einnahmen durch den Verkauf Fr. 841.40, sonst war man auf Spenden angewiesen von Zünften, Privaten und Stiftungen.

Bericht über die Arbeitsanstalt zum Silberberg Im ‹Silberberg› arbeiteten 10 Männer und 55 Frauen, weitere 149 Personen strickten, nähten und spannen Flachs im Auftrag des Silberbergs bei sich zu Hause. Besonders lukrativ war die Herstellung vonPantoffeln. Im Ganzen brachte der Silberberg aber einen Verlust von Fr. 4'439 bei Einnahmen durch verkaufte Waren von Fr. 21'679.58.