Johann Rudolf Linder

Linder-Haas, Johann Rudolf, (1812–1879), Sohn eines Basler Theologieprofessors. 1838–79 Pfarrer in Reigoldswil. Am 11. Oktober 1852 führte er Jonas Breitenstein ins Binninger Pfarramt ein. Linder war Mitglied der theologischen Prüfungskommission, daneben auch Korrespondent der ‹Basellandschaftlichen Zeitung› sowie des Waldenburger Bezirksblattes. In Reigoldswil setzte er sich u. a. für den Fremdenverkehr und die (nicht realisierte) Wasserfallenbahn ein.

an Jonas BreitensteinReigoldswil den 5 Febr. 1855.

Verehrtester Herr Pfarrer,

Vor etwa 14 Tagen war ich in Basel u. wollte Ihnen einen Besuch machen, aber die Zeit war zu kurz. Ich wäre aber mit einer Bitte zu Ihnen gekommen, die Ihnen vielleicht manche Mühe gemacht hätte & kann ihnen sie jetzt anbringen, so ist [nicht] damit gesagt, daß Sie sie erfüllen sollen, wenn Ihnen die Zeit dazu mangelt. Um nämlich offen zu reden, bin ich gegenwärtig mit einer Arbeit beschäftigt, deren Gegenstand für mich sehr anziehend ist – näml. über Ältesten od. Diaconen Amt, dessen Nachweisung aus der Schrift und daran knüpfte sich dann eine kurze Geschichte dieser Ämter in der lutherischen u. reformirten Kirche – verbunden mit Auszügen aus den ältesten (vorzüglich mittelrheinischen) Kirchenordnungen.

Nun bin ich von Basel weit entfernt und müßte mich zu oft dahin begeben um nachzusehen. Vielleicht ist’s Ihnen (ut propius ad artem) möglich mir einiges Geschichtliche mitzutheilen über diese beiden Ämter in der lutherischen & reformirten Kirche: – Da würde Ihnen besonders Goebels Werk gute Dienste leisten, was ich aber nicht bekommen kann, sowie auch Höflings „Grundsätze evang. lutherischer Kirchenverfassung“, das ich ebenfalls nicht besitze. Es wäre mir lieb, wenn Sie mir mit einigen Notizen an die Hand gehen könnten, aber wie gesagt, wenn Ihnen die Zeit mangelt, – bleiben wir gleichwohl gute Freunde. Ich will noch offener sein und Ihnen sagen, daß dieß eigentlich eine Preisaufgabe ist, gestellt von den Auersbacher Ältesten & Diaconie Verhandlungen: Die Arbeiten müßten bis 1 März eingeliefert sein. Die Sache ist auch für uns wichtig, da ohne Zweifel auch am kommenden 11ten März [im Pfarrconvent] etwas Ähnliches zur Sprache kommen wird: Wenn Sie dazu die Gefälligkeit hätten, mir solche Notizen einzuhändigen (vorausgesetzt, daß es Ihnen möglich ist), so müsste ich Sie bitten, selbige etwa in 15 Tagen mir zu übermachen, wenn noch Zeit genug bleibt, dieselben gehörig einzureichen.

Ihrer verehrl. Antwort entgegensehend grüße Sie sowie Ihre l. Frau in aufrichtiger Liebe & Freundschaft
Ihr J. R. Linder Pfr.

an Heinrich Breitenstein sen.Reigoldswil den 28 Maj 1877.

Geehrter Herr,

Mit tiefem Schmerz u. Bedauern habe ich die Nachricht von dem Hinschied Ihres Jonas sel. vernommen u. sie kam mir umso unerwarteter, als ich glaubte, er wäre von seiner früheren Krankheit genesen. Ich begreife, wie Sie dieses Leid in Ihren alten Tagen tief beugen muss – so wie Ihre Gattin. Aber auch jeder, der ihn kannte, theilt es mit Ihnen u. ruft dem Seligen nach: „Es ist mir leid um dich, mein Bruder, Freude u. Wonne habe ich an dir gehabt.“ Unter diese Zahl gehöre auch ich; schon da ich ihn (im Jahre 1852) zum ersten Mal sah, habe ich ihn liebgewonnen u. wir sind seitdem Freunde geblieben u. als solchen besuchte ich ihn öfter in Basel. Daß es jetzt nicht mehr geschehen kann, fällt mir schwer genug. Kaum habe ich einen aufrichtigeren Freund gekannt, er war treu wie Gold. Wie gern hätte des letzten Samstags der Leichenfeier beigewohnt, allein ich fühlte mich die ganze Woche nicht ganz wohl u. zudem war es der Vorabend des Sonntags. Indessen hat er sein Andenken so tief in mein Herz gegraben, daß ich ihn zeitlebens nie vergessen werde, noch mit vielen andern, denen der Selige ein treuer Freund u. Berather gewesen ist. Dieses schöne selbstlose Wirken Ihres Sohnes möge Ihnen zum reichen Troste dienen, wenn etwa die Trauer um ihn Ihre alten Tage verkümmern will.

Mögen Sie noch die Freude an seinen Kindern erleben, die Sie an Ihrem Jonas sel. erlebt haben, die aber leider nur für kürzere Zeit Ihnen vergönnt war!

Empfangen Sie, geehrter Herr, wie Ihre werthe Gattin nochmals die Versicherung meiner herzlichsten Theilnahme bei diesem Leid, das Sie betroffen hat sowie auch meiner steten Hochschätzung von Ihrem mit Ihnen trauernden

J. R. Linder Pfr.